Buchtip: Helfersyndrom und Burnoutgefahr

Buchtip: Helfersyndrom und Burnoutgefahr

Wolfgang Schmidbauer: Helfersyndrom und Burnoutgefahr

CoverWolfgang Schmidbauer: Helfersyndrom und Burnoutgefahr. Elsevier GmbH, Urban & Fischer(München, Jena) 2002. 146 Seiten. ISBN 978-3-437-26940-0. 19,95 EUR, CH: 35,30 sFr.

 

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Das Thema

In seinem Band beleuchtet Schmidbauer das klassische Thema der Burnout-Gefahr für helfende Berufe sowie die Möglichkeiten für gelingenden Berufsalltag besonders für Pflegeberufe in stationären Einrichtungen der Gesundheits- oder Altenpflege.

Der Autor / der Hintergrund

Wolfgang Schmidbauer ist Psychotherapeut und Autor psychologischer und autobiographischer Literatur. Seine fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen behandeln breite Themen. Die zum Teil kritischen und konfrontierenden Thesen seiner Bücher sprechen seit Jahrzehnten ein breites Publikum an. Als Supervisor hat er vielfältige Erfahrungen im Pflegebereich gesammelt.

Vor 25 Jahren hat Wolfgang Schmidbauer mit seinem Klassiker „Die hilflosen Helfer“ das „Helfersyndrom“ in die psychosoziale Diskussion eingeführt. Von dort aus trat der Begriff seinen Siegeszug in den Alltagsdiskurs an, wo er auch heute noch fest verankert und mit manch schillerndem Beiwerk versehen ist.

Der Inhalt

Schmidbauer verfolgt in seinem Buch zwei Stränge parallel:

Er bespricht die besonderen Gefahren unangemessenen und suchthaften Helfens, wie sie als „Helfersyndrom“ bekannt sind. Dabei setzt er sich auch mit der Geschichte des Begriffs auseinander und klärt seine eigene aktuelle Position zum Thema.

Der zweite Strang des Buches beschäftigt sich mit der besonderen Situation pflegender Berufe. Hier bezieht sich Schmidbauer vor allem auf Beispiele aus der stationären Gesundheits- und Altenpflege, wo er als Supervisor langjährige Erfahrung und viele Einblicke hat.

Schliesslich verquickt Schmidbauer beide Bereiche, indem er ein neues interessantes Schlagwort einführt, das der „regressiven Entprofessionalisierung“.

Zum „Helfersyndrom“ führt Schmidbauer folgende Veränderungen zu seiner Position im Jahre 1977 an: Er erweitert sein Modell von der Grundlegung des Helfersyndroms in der Kindheit. Er geht heute von einem „andauernden Entwicklungsprozess der helfenden Motive“ aus, in dem die in der Kindheit gelegten Grundlagen durch spätere „Identifizierungen“ und Modelle verstärkt oder abgeschwächt werden (S.7).

Insgesamt bleibt Schmidbauer aber bei seiner klassischen Definition des Helfersyndroms: Während spontane Hilfsbereitschaft zu allen Kulturen gehört und rollengebundene Hilfsbereitschaft ein Kennzeichen aller arbeitsteiligen Kulturen ist, bezeichnet „Helfersyndrom“ ein schädliches und unprofessionelles Helfen, ein suchtartiges Verhalten, in dem das Helfen der „Abwehr anderer Gefühle“ (S.4) dient. und: „Der Helfersyndrom-Helfer meidet alle sozialen Beziehungen, in derer er nicht der Gebende, der Stärkere, der Versorgende ist.“ (S.4f.)

Als typische Merkmale des Helfersyndroms beschreibt Schmidbauer (S. 20f.):

  • starre Werthaltungen
  • Störungen im Erleben von Aggression
  • unersättliches Verlangen nach Bestätigung
  • Vermeidung von Gegenseitigkeit
  • Unfähigkeit mit Kritik umzugehen („Idealisierungs-Entwertungs-Dilemma“)

Weiterhin ist beim Helfersyndrom ein „verheimlichter Größenwahn“ aktiv, der mit seinen unerfüllbaren Idealen leicht in depressive Verstimmungen umschlägt (36f.)

Das Helfersyndrom verträgt sich nicht mit einer professionellen Berufshaltung, die ein hohes Qualitätsniveau mit wenig Aufwand erreichen muss. Dies wird besonders in Berufen wie den Pflegeberufen deutlich, die wenig professionelle Traditionen, geringe Bezahlung und geringes gesellschaftliches Ansehen haben. Diese unsichere Professionalität bietet wenig Schutz vor Burnout-Gefahren.

Analog zu vielen Burnout-Modellen schildert Schmidbauer ein Stufenmodell des Ausbrennens von Pflegekräften, das die besonderen strukturellen Gefahren deutlich macht.

Schmidbauer beschreibt zusätzliche Entwicklungen im Gesundheitswesen und der Pflege allgemein, die einen guten Berufsalltag in der Pflege schwieriger machen.

Wo Menschen nicht durch gute professionelle Traditionen geschützt sind, kann eine „regressive Entprofessionalisierung“ (S.49ff.) eintreten, die sich in einem Zuviel (Erstarrung) oder Zuwenig (Sich-Gehenlassen, lustloser Dienst nach Vorschrift) von Struktur äußert.

Wo Menschen mit Helfersyndrom Führungsverantwortung übernehmen, treten ganz neue Probleme auf, auf die Schmidbauer recht ausführlich eingeht. Hier wie auch im Übrigen empfiehlt Schmidbauer Hilfsmöglichkeiten für Betroffene (114ff.):

  • die kollegiale Austauschgruppe
  • Qualitätszirkel
  • Supervision
  • Coaching
  • ggf. Therapie

Schmidbauer spricht noch eine Vielzahl von Themen an, die ihn im Umfeld des Hauptthemas interessieren. So geht er z.B. auf Mobbing, Entschleunigung, Geschlechterrolle ein.

Als Fazit kann festgehalten werden: Wer seinen Berufsalltag aktiv mitgestaltet, unnötige Belastungen nicht hinnimmt, Anerkennung erhält, sich weiterbildet und lernt und sein Selbstgefühl nicht alleine aus dem Beruf bezieht, der ist gut vor Burnout und Helfersyndrom geschützt (104f.)

Zielgruppen und Fazit

Besonders viele Anregungen werden LeserInnen aus der Pflege erhalten. Wegen der aktuellen Neuformulierung des „Helfersyndrom“-Konzepts sollte es in keiner sozialwissenschaftlichen Bibliothek fehlen.


Rezensentin
Prof. Dr. Lilo Schmitz
FH University of Applied Sciences Düsseldorf, Lehrgebiet Methoden der Sozialarbeit am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften
Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt „Beruf und Burnout-Prävention“

Unternehmen stärken

Unternehmen stärken

Der drastische Anstieg von Fehlzeiten durch psychische und psychosomatische Erkrankungen in den letzten Jahren, steht in engem Zusammenhang mit der zunehmenden Verdichtung, Entgrenzung und Beschleunigung unserer Lebens- und Arbeitswelt. Unternehmen aller Bereiche sehen sich heute vermehrt unter Druck. Dies geht auch an Mitarbeitern und Führungskräften nicht spurlos vorbei. Angesichts des demographischen Wandels und dem damit verbundenen drohenden Fachkräftemangel, wird Stressmanagement als wirkungsvolles Mittel zur Personalpflege immer wichtiger. Denn Mitarbeiter die sich wertgeschätzt und wahrgenommen fühlen, sind stressresistenter, gesünder und leistungsfähiger.

In vielen Unternehmen ist Stressmanagement deshalb schon ein Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Dies schreibt seit 2012 auch die EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG über Gesundheit und Sicherheit vor. Die Erkentnisse aus Wissenschaft und Forschung unterstreichen diese Entwicklung und warnen vor den negativen Langzeitfolgen von unbewältigtem und krankmachendem Stress für Menschen und Unternehmen.

In meinen Stressmanagement-Seminaren biete ich Ihnen eine ausgewogene Kombination aus Methoden und Inhalten zu Stressbewältigung und Stressvermeidung. Dabei sind die Zusammenhänge zwischen Stress und individuellen Einstellungen, sowie Gesundheit und persönlicher Leistungsfähigkeit ebenso Teil des Stressmanagements wie das Erstellen eines persönlichen Stressprofils und die Entwicklung erster konkrete Schritte zu mehr Gelassenheit und gesünderer Stressverarbeitung.

Meine Seminare und Trainings dienen der ganzheitlichen Stress- und Burnoutprävention! Sie stärken die Menschen in Ihrem Unternehmen und somit Ihr Unternehmen selbst!

Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme

Stress durch News

Stress durch News

Rolf Dobelli, studierte Philosophie und Betriebswirtschaft, ist Unternehmer, Journalist und Schriftsteller. In seinen Büchern „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ deckt er scharfsinning und hintergründig belegt, populäre Irrtümer und Denkfehler auf und ermöglicht dem Leser den ein oder anderen, erleuchtenden Blick hinter die Kulissen eines oft marktschreierischen und hohlen Weltgetöses, das uns Stress verursacht.

News beispielsweise, so Dobelli, sind ein regelrechter Stressor. Die Flut an täglichen Nachrichten, Überschriften und Schnipseln von Meldungen, die aus sämtlichen Medienkanälen wie Wellen an die Ufer unseres Bewusstseins, unserer Aufmerksamkeit und Wahrnehmungsfähigeit gespült werden, sind bei näherem hinsehen zu oft mit Müll beladen oder gar vollkommen inhaltslos und überflüssig.

Einige von Dobellis Thesen lauten: „News führen zu einer falschen Risikokarte im Kopf, sind irrelevant, schränken das Verständis ein, sind Gift für ihren Körper und verstärken systematische Denkfehler…“.

„Wer laufend Nachrichten verdaut, bringt seinen Körper in einen chronischen Stresszustand!“so Dobelli …den Ganzen Artikel von Rolf Dobelli lesen 

Work Life Bullshit

WORK LIFE BULLSHIT – Warum die Trennung von Arbeit und Leben in die Irre führt.

„Erst die Arbeit dann das Vergnügen? An diesem Missverständnis arbeiten sich Millionen Menschen ab“, meint Philosoph und Chefredakteur des Magazins Hohe Luft, Thomas Vašek. 

In seinem Buch WORK LIFE BULLSHIT ergreift Thomas Vašek Partei für die Arbeit und plädiert mit überraschenden philosophischen Argumenten für die bewusste und qualitativ hochwertige Gestaltung von Arbeitszeit.

Mich hat dieses Buch begeistert! Es hat mir aus philosophischer Sicht, aber mit einfacher und gut zu lesender Sprache verdeutlicht, wie sinnstiftend und erfüllend Arbeit sein kann! Aus dem Klappentext: „Arbeit ist ein Teil unseres Lebens und keine lästige, schnell zu überbrückende Notwendigkeit auf dem Weg in den heiß ersehnten Feierabend. Wenn wir unsere Arbeitszeit als Lebenszeit begreifen, geraten wir auch nicht in den Burnout.“

Thomas Vašek, Work Life Bullshit, Rieman Verlag, 2013.

BAuA, Kosten durch Stress

BAuA, Kosten durch Stress

Hier finden Sie Zahlen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin